La Coquille et le Clergyman (2004) (Musik zum gleichnamigen Film von Germaine Dulac, 1928) für 12 Instrumente und Cd-Zuspiele
(UA: 6.4.2005 Stadsschouwburg/Amsterdam im Rahmen der Filmbiënnale des Filmmuseums Amsterdam, Asko Ensemble dirigiert von Peter Rundel) Dauer: 40 min.
Kompositionsauftrag des Asko Ensembles und der Eduard Van Beinum Stiftung
genaue Besetzung:
Violine, Viola, 2 Celli, Kontrabaß, 2 präp. Klaviere, Sample- Keyboard, Harfe, E-Gitarre, 2 Schlagzeuge (alle Instrumente verstärkt).
La Coquille et le Clergyman (Die Muschel und der Kleriker)
gilt als erster surrealistischer Film der Filmgeschichte, entstanden 1927 nach einem Skript von Antonin Artaud, inszeniert von Germaine Dulac. Die Uraufführung im Februar 1928 war in bester surrealistischer Manier ein Skandal, wobei weniger das Publikum skandalisiert war, als vielmehr die Herren der Avantgarde selbst. Die Aufführung endete mit dem Vorwurf, Dulac habe das Skript ‚feminisiert’, und eröffnete eine lange Zeit geführte Kontroverse um diesen Film.
La Coquille et le Clergyman
DVD erhältlich bei www.amazon.de
Presse:
NRC Handelsblad vom 07/04/2005
Die Musik der niederländisch/deutschen Iris ter Schiphorst stellt eine natürliche Kombination mit dem Film her…eine echte Einheit vom Bild und Musik. Manchmal folgt sie den Assoziationen ganz präzise, dann wieder geht sie ihren eigenen Weg. Ter Schiphorst weiß den Instrumenten einen ganz eigenen Klang zu entlocken: dünn und unwirklich. Dieser paßt ausgezeichnet zum Film…
film-dienst, 12/2005 von Jörg Gerle
La Coquille et le Clergyman / L’ Invitation au Voyage
„…Den formgemäßen Schritt weiter geht Iris ter Schiphorst in ihrer Partitur für zwölf Instrumente, die sie für die Uraufführung der restaurierten Fassung von „La Coquille et le Clergyman“ in Amsterdam 2005 erstellte. Auf die Atonalität der Neuen Musik der späten 1920er-Jahre eines Schönberg, aber auch Varèse rekurrierend, tobt sich die in Hamburg geborene Komponistin in dem assoziativen Bilderreigen Dulacs aus. Die Musik löst sich analog zur visuellen Ebene immer wieder in abenteuerliche Toncluster auf, um gelegentlich doch in einer verstohlenen Harmonie zu enden. Schiphorst vermeidet jegliche unangemessenen Dominanzen, die Dulacs Film allzu sehr in den Hintergrund gedrängt oder interpretatorisch festgelegt hätte. Die beiden von arte in Auftrag gegebenen Filmmusiken sind somit hervorragende Beispiele dafür, Stummfilmschätze musikalisch neu einzukleiden, ohne sie zu kostümieren. © 2005 - film-dienst 12/2005
www.film-dienst.de
Details zum Film
La Coquille et le Clergyman
Stummfilm, Frankreich, 1927,
SW, Viragiert, Erstausstrahlung, 40 Min.
UA: 9. Februar 1928, Paris (Studio des Ursulines)
Regie/Visuelle Komposition: Germaine Dulac, Buch: Antonin Artaud
Stummfilm, Frankreich 1928,
Regie: Germaine Dulac
Drehbuch: Antonin Artaud
Kamera: Paul Guichard
Musik: Iris ter Schiphorst
Produzent: Les Films D.H.
Mit: Alexandre Allin (Kleriker), Lucien Bataille (Offizier), Genica Athanasiou (Frau)
Restaurierte Fassung (2004): Nederlands Filmmuseum
Einspielung: Asko-Ensemble unter der Leitung von Peter Rundel.
Tonregie: Guido Tichelmann.
Koproduktion: Asko-Ensemble und ZDF/ARTE mit Unterstützung der Eduard von Beinum Stiftung
Germaine Dulac - Pionierin des Stummfilms
Mit La Coquille et le Clergyman stellt ARTE eines der bedeutendsten Werke der französischen Filmpionierin Germaine Dulac vor. Gezeigt wird der Film als Erstausstrahlung einer unlängst restaurierten Fassung, die von Iris ter Schiphorst mit einer neu komponierten Musik ausgestattet wurde.
Synopsis
Germaine Dulac erzählt nach der Vorlage von Antonin Artaud die Geschichte eines jungen Geistlichen, der sich unverkennbar im ödipalen Dreieck zwischen einer unerreichbaren Frau und einem jovial-dominanten älteren Mann bewegt. Traumatisch gefangen in seiner unerfüllten Sehnsucht, schwankt er zwischen Zerstörungswut und Kastrationsangst.
Aufgrund der leicht ironisierten Ausdeutung der Vorlage Artauds war “La Coquille et le Clergyman” bei seiner Uraufführung im Jahre 1928 ein Skandal. Allerdings ereiferte sich weniger das Publikum als vielmehr die männliche Vertretung der surrealistischen Bewegung über Germaine Dulacs Film - und das, obwohl er als erstes surrealistisches Werk der Filmgeschichte gilt. Man warf der französischen Pionierin vor, Artauds Skript “feminisiert” zu haben, und eröffnete so eine langwierige Kontroverse um “La Coquille et le Clergyman”, der eine neue, betont visuelle Filmkultur ankündigt.
In präzise komponierten Einstellungen, Überblendungen und assoziativen Montagen erschließt Germaine Dulac die subjektive Welt ihrer Protagonisten und bedient sich dabei bisweilen ausgefeilter filmischer Tricks. Auch dort, wo äußerlich ein Erzählrahmen besteht, dissoziieren ihre Geschichten in selbstständige Gedanken und Wunschbilder bis hin zur völligen Auflösung eines realistischen Zeit-Raum-Kontinuums.
Germaine Dulac (1882-1942) ist die erste Grande Dame des französischen Kinos und gehört als solche zu den ganz frühen Regisseurinnen der Filmgeschichte. Als vielseitige, wagemutige Filmemacherin arbeitete sie im Kontext des französischen Impressionismus und Surrealismus. Mit ihren bis in die 40er Jahre realisierten Spielfilmen und dokumentarischen Arbeiten (unter anderen Je n’ai plus rien, 1934, Étude cinégraphique sur une arabesque, 1929, Le diable dans la ville, 1924, und Les Soeurs ennemies, 1915) stand sie im Zentrum der filmkritischen Debatten Frankreichs.
Zu Lebzeiten eine Institution, geriet sie einige Jahrzehnte in Vergessenheit, bevor ihr Werk in den letzten Jahren wieder stark wahrgenommen wurde. Einer großen Retrospektive in Frankfurt und Berlin (2002) folgt im Juni 2005 - fast zeitgleich zur Ausstrahlung zweier Dulac-Filme auf ARTE - eine umfassende Werkschau der französischen Filmpionierin im Pariser Musée d’Orsay.
Die beiden von ARTE gezeigten Stummfilme Germaine Dulacs’ werden in neuen Fassungen zu sehen sein, welche vom Niederländischen Filmmuseum nach umfassenden Recherche- und Restaurationsarbeiten aufwändig hergestellt wurden. Diese Neufassungen bestechen nicht nur durch ihre fotografische Qualität, die dem Eindruck der Premierenfassungen sehr nahe kommen dürfte, sondern auch durch die neu komponierte Musik: Für den Anti-Klassiker des surrealistischen Films La Coquille et le Clergyman schrieb die Komponistin Iris ter Schiphorst eine neue Musik für zwölf Instrumente (Violine, Viola, zwei Celli, Kontrabass, zwei präparierte Klaviere, Sample-Keyboard, Harfe, E-Gitarre, zwei Schlagzeuge), die am 6. April 2005 ihre Uraufführung im Amsterdamer Stadttheater erlebt hat.
The British Board of Film Censors (1928):
“This film is so obscure as to have no apparent meaning. If there is a meaning, it is doubtless objectionable.”