Ballade für Orchester: HUNDERT KOMMA NULL (1999)
für Orchester und Sample-Keyboard
(UA: 11.02. 2000 Herkulessaal, München; Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Dir. Martyn Brabbins)
Dauer: 17 min.

frei nach einem Annagramm von Unica Zürn

genaue Besetzung
4.2.2.2bcl.0-4.4.4.0-Perc(3)-Harfe-präp.Klavier–Sampler–Streicher (10.0.0.8.6)



Mitschnitt und Sendung der UA durch den BR

Nominiert für den Prix Italia 2001

Composers Note:
„Es gibt immer wieder seltsame Ereignisse, Schnittpunkte, an denen verschiedene Leben, die nie miteinander etwas zu tun und voneinander nichts gewusst hatten, plötzlich aufeinander stoßen. Eine solche Koinzidenz von Raum und Zeit kann manchmal für alle Beteilitgten unwiderrufliche und dramatische Konsequenzen haben. HUNDERT KOMMA NULL bezieht sich indirekt auf ein solches Ereignis…“ (Iris ter Schiphorst)

Das im Untertitel erwähnte Anagramm trägt die Ausgangszeile: „Das leben ist schrecklich“ und wurde von Unica Zürn 1959 in Paris geschrieben:

„Besser stick ich lachend
Asse, Dreck in’s Blecklicht
Schandstrickbleich. Lese
schlicht als dicker Besen:
Leben, das ist schrecklich.“

(aus UNICA ZÜRN, GESAMTAUSGABE Band 1, Annagramme, im Verlag Brinckmann & Bose, Berlin 1988) – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Herrn Erich Brinckmann.


Hörbeispiel aus dem ersten Satz

Hörbeispiel aus dem 2. Satz


Hinweis zu Hörbeispielen: „ Auf Anfrage ist für private Demonstrations- und Studienzwecken der komplette Mitschnitt der UA über den Verlag Boosey & Hawkes/Berlin zu beziehen.“


Pressestimmen (Auswahl)

Aus der Frankfurter Rundschau vom 22. 2. 2000

…Mit Spannung wurde die erste Orchesterkomposition von Iris ter Schiphorst erwartet….Ihre musikalischen Wurzeln liegen in der avancierten Rockmusik, und die Verwandtschaft des neuen Werks mit dem Ultimativen Titel Hundert Komma Null zum Art Rock bester Tage (King Crimson, Univers Zero)ist unüberhörbar in den drei Abschnitten Maschine A, B und C. Das dreiteilige Werk wurde angeregt von einem Anagramm (Das Leben ist schrecklich) von Unica Zürn und untergliedert sich in drei Strophen, durchsetzt von drei Maschinen und endend mit einem Refrain. Im Ganzen herrscht hohe formale Bewußtheit. Die Strophen umgibt die Aura des spröde Innigen, des antisentimental artikulierten Lamentos mit Spinnweben-Melos, beißend dürrem Gewimmer, Zwitterwesen aus Vibrato und Glissando.
Brachial fährt die Maschinenwelt dazwischen, das Orchester mutiert zum draufgängerischen Kollektiv-Metallophon in fantastisch peitschender Instrumentation.
Ter Schiphorst baut ihre Formteile - auch dies Zeichen der Art-Rock-Affinität - vorzugsweise über strukturellen Versatzstücken, alla passacaglia oder in Ostinati auf. Es ist Direttissima-Musik, hochfahrend, lebenslustig und todesfreudig, bei allen instrumentalen Tricks und Extravaganzen nicht die Spur toten Papiers, was die packende Aufführung unterstrich. Hundert Komma Null ist eigentlich ein bewegender Roadmovie fürs Konzertpublikum. Nach diesem Einstand muss Iris ter Schiphorst als eine der viel versprechenden Gestalten im Dschungel mitteleuropäischer Orchesterkomposition gelten.
(Roadmovie , Musica-viva in München von Christoph Schlüren)

Münchner Merkur, 14. Februar 2000
“Viel Applaus erntete Iris ter Schiphorst mit ihrer Orchester-Ballade HUNDERT KOMMA NULL, die als Kompositionsauftrag der musica viva uraufgeführt wurde. Die Komponistin nutzt die klanglichen Möglichkeiten effektvoll (Klavier, Säge), setzt die Elektronik eher dezent ein. Herrlich, wenn mehrfach - fast wie bei Mahlers Fernorchestern - die Blasmusik schräg dazwischenfunkt. Das hat Witz, erfrischt und machte auch dem im heiklen rhythmischen Gegeneinander sicheren Orchester großen Spaß.” (Gabriele Luster)

Süddeutsche Zeitung, 15. Februar 2000
“Ein völlig normales Konzert… und nichts anderes als das reine Glück. Weil da ein unprätentiöser Dirigent - der bei uns kaum bekannte Engländer Martyn Brabbins - Detailarbeit mit Leidenschaft, Witz und ironischem Understatement zusammenbringt und dadruch die BR-Sinfoniker im Herkulessaal zu lustgetriebenen Spielen animiert. Schon das hat Seltenheitswert. Dazu verführt alle Beteiligten aber auch ein für musica-viva-Verhältnisse ungewöhnlich leichtes Programm - das so gar nicht schwitzte. Sondern meist munter in der Trickkiste poppiger Klänge wühlte und sie mit eingentümlichen, aber entlarvenden Ornamenten verzierte… Wie bringe ich geil schillerndes PVC nicht nur zum Klangleuchten, sondern auch dazu, eine existentiell tragi(komi)sche Geschichte zu erzählen? Dieses Element verbindet Ligeti mit Vivier, ter Schiphorst und Adams, deren Stücke so wundervoll schlicht waren, daß man sie auf der Straße pfeifen konnte… Claude Vivier (1948-1983)… montiert im Streicherstück Zipangu zu einer japanisch tönenden, harschen Melodie athmosphärische Störklangflächen. Das Eingängige wirkt verunsichert - genauso wie in John Adams’ Orchester-Foxtrott The Chairman Dances, deren Witze auf Kosten von minimal music und U-Musik, zwischen Salon und Südamerika von Brabbins brillant ausgekostet wurden. Noch frecher aber unverfrorener… gelang der Hamburger Komponistin Iris ter Schiphorst HUNDERT KOMMA NULL. Dröge, schiksalsverhangene Klassik trifft auf girliehaften Popmarsch, und es kommt - in klassischer, aber attacca gespielter Dreisätzigkeit - zur Melange: Wie du mir, so ich dir, und das alles ohne Dogma, Miesepetrigkeit oder Verdrängungsgelüste. So glücklich gelöst ging wohl noch ein musica-viva-Publikum nach Hause.” (Reinhard J. Brembeck)

ALLE Kritiken zu Hundert Komma Null s. Presse

Zur Berliner Erstaufführung von Ballade für Orchester: Hundert Komma Null
Berliner Morgenpost, 12. 05.03
Iris ter Schiphorst bringt frische Luft in die so genannte E-Musik, wo schon seit längerem akute Atemnot herrscht, und versteht sich auf unkonventionelle Klänge…


Angaben zur Technik
Das Orchester soll möglichst komplett verstärkt werden, Klavier, Harfe, Drumset und Streicher in jedem Fall. Die solistisch besetzten Streicher sollen möglichst Miniaturmikrophone haben (z. B: Winkler-Mikrophone), damit die Streichgeräusche gut vernehmbar sind.
Für eine dem Aufführungsort angemessene Beschallungsanlage mit dazugehörigem Mischpult etc. ist zu sorgen.

Für den Keyboarder wird entweder ein Sampler Akai 2800 oder 3000 (32 MB) plus Zippwechselplatte und entsprechendem SCSI Kabel benötigt, oder ein Sampler Akai 6000 (32 MB).
Ferner ein Masterkeybaord, das via midi den Sampler triggert, ein hold-Pedal (switch-on, swich-off) und ein Volume-Pedal, sowie ein Aktiv-Monitor für den Keyboarder (z. B. Yamaha MS 60 o.ä.)) und eine DI-Box.
Es handelt sich um Stereo-Sampels, die über die große PA zu hören sindFür den Akai 3000 wird ein Zippmedium (100MB) mit den fertigen Programmen zur Verfügung gestellt, für den Akai 6000 eine CD-Rom.

Programmhefttext zur UA

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